Verleihung des Ehrenbriefes des Landes Hessen
Seinen 80. Geburtstag feierte am gestrigen Sonntag Fritz Lachnitt
ANGERSBACH · Der rüstige Jubilar wurde in Neugersdorf in der Grafschaft Glatz/Niederschlesien geboren. An seinem Ehrentag wandern seine Gedanken aber auch schon mal in seine ehemalige Heimat zurück – denn noch heute belasten ihn die Geschehnisse, die er als Fünfjähriger miterleben musste. Denn er gehört zu den vielen Heimatvertriebenen.
„Es war der Herbst 1944“, so der Jubilar, als eine siebenköpfige polnische Familie, ein Ehepaar und fünf Kinder, die Herrschaft über ihr vorheriges Eigentum übernahmen. „Die hatten das Sagen, wir saßen am Katzentisch“, berichtet Lachnitt über die damalige Situation. Er erzählt weiter, dass, wenn seine Mutter Brot backen wollte, sie erst die polnische Frau um Erlaubnis fragen musste. Dann wurde das Mehl geholt und beim Backen genau darauf geachtet, dass sich die Familie Lachnitt nicht ein Brot zur Seite schaffte. Denn ihnen wurden auch die Essensrationen zugeteilt. Eine andere Erinnerung von Fritz Lachnitt: „Wenn ein Huhn gegackert hat, haben die polnischen Mädchen das Ei geholt; wir haben nichts bekommen.“
Es war der 1. April 1946, als die Familie dann die Heimat verlassen musste: „Meine Eltern mit Bettzeug und Schuhen und ich mit meinem Lederranzen.“ Dieser hat ihn dann während der folgenden acht Jahre in der Schule begleitet und ihm treue Dienste geleistet.
In einem Viehwaggon eingepfercht war die Familie fünf Tage unterwegs und kam schließlich in Braunschweig an, wo er auch die Schule besuchte und danach eine Lehre als Maurer begann. Braunschweig war damals zerbombt, und die Bauberufe waren sehr gefragt, erinnert er sich. Da die Verwandtschaft in Angersbach Aufnahme gefunden hatte, kaufte der Vater von Fritz Lachnitt dort ein Haus, und so wurde aus dem Jungen dann ein Angersbacher. Dort schloss er auch seine Maurerlehre ab.
Fritz Lachnitt arbeitete noch einige Jahre als Maurer und war danach ab 1964 bei der Firma Müller in Renzendorf tätig. Denn seine Ehefrau war die Tochter des Fuhrunternehmers Wilhelm Müller. Im Januar 1963 hatte er in Brauerschwend kirchlich geheiratet.
Das Ehepaar wohnte noch einige Jahre in Renzendorf, bevor im November 1967 das eigene Haus, welches mit viel Eigenleistung in Angersbach entstanden ist, bezogen wurde.
Gemeinsam mit seiner Frau Ursula arbeitete er anschließend bei der Firma Müller, und noch heute, wenn „Not am Mann ist“ unterbricht der Jubilar seinen Ruhestand. Von Ruhestand kann aber nicht wirklich die Rede sein, denn die Restaurierung der Burgruine Wartenberg lag und liegt ihm weiterhin am Herzen, und mit viel Sorgfalt widmet er sich immer wieder der Instandsetzung des Bruchsteinmauerwerkes. Auch im örtlichen Obst-& Gartenbauverein gehörte er früher zu den Aktivposten und war auch 14 Jahre Mitglied im Gemeinderat. Das langjährige ehrenamtliche Engagement wurde mit der Verleihung des Ehrenbriefes des Landes Hessen gewürdigt.
Jeden Donnerstag trifft er sich mit weiteren Senioren aus Angersbach, und wenn möglich wird eine Radtour unternommen beziehungsweise im Winter dann Spaziergänge, die natürlich mit einem gemütlichen Beisammensein enden. Zu Pferde ist der Jubilar ebenso unterwegs und erlebt einen erfüllten und zufriedenstellenden Lebensabend, den er noch so lange wie möglich gemeinsam mit seiner Frau Ursula genießen möchte.
Mit seinen Angehörigen, Tochter Iris Gudat wohnt in der Nähe von Delmenhorst und Sohn Jens Lachnitt in Alsfeld, wurde am Wochenende natürlich groß gefeiert, und der Jubilar freute sich über die Glückwünsche der vier Enkelkinder.